Praktikum bei Stadtkreation 25.09.-13.10.2023

Mein Name ist Warisara und ich habe vom 25. September bis zum 13. Oktober 2023 ein dreiwöchiges Praktikum bei Stadtkreation gemacht, einem kleinen Büro in Hamburg-Eimsbüttel nahe der U-Bahn-Station Schlump, das unter anderem GIS- und WebGIS-Lösungen für Projekte in den Themenfeldern Stadt-, Landschafts- und Mobilitätsplanung liefert.

Diesen Text habe ich zusammen mit meinem Praktikumsbetreuer bei Stadtkreation, Johannes, geschrieben, der auch der Inhaber der Firma ist.

Einstieg: Begriffe und Software

Geodaten

Geodaten sind Daten, zum Beispiel in einer Datenbank gespeichert, die neben Fragen des Was und des Wie auch die Fragen des Wo beantworten. Ein Laden zum Beispiel enthält dann in der Datenbank nicht nur Angaben zum Beispiel zur Art des Geschäfts, den Öffnungszeiten und den Kontaktdaten, sondern auch geografische Koordinaten, also in diesem Fall einen Wert für den Längengrad (quasi die x-Achse) und den Breitengrad (y-Achse). Eine geografische Datenbank ist quasi eine Tabelle, die in jeder Zeile ein geografisches Objekt (zum Beispiel Laden) beinhaltet und in den Spalten die einzelnen Informationen für die Läden, also auch die Koordinaten.

GIS (Geografisches Informationssystem)

GIS steht für Geografisches Informationssystem und bezeichnet alles, was die das Sammeln, Analysieren und Weiterverarbeiten von digitalen Geodaten betrifft. Ein wichtiges Produkt, das mit mit einer GIS-Software erstellen kann, sind digitale oder gedruckte Karten.

Weitere Informationen:

  • GIS lernen und verstehen
    gis-lernen.de richtet sich an alle, die ein Interesse für Geoinformationssysteme (GIS) mitbringen. Unabhängig davon, ob du noch Schülerin oder Schüler, Studierende oder Studierender, beruflich oder ehrenamtlich tätig bist – es eine Plattform, die dir Basiswissen zum Thema GIS vermittelt.

GIS-Software

Die beiden am weitesten verbreiten GIS-Software-Lösungen sind die Produkte der kalifornischen Firma ESRI mit Produkten wie beispielsweise ArcGIS Pro, ein kostenpflichtiges Programm, und QGIS (kurz für QuantumGIS), eine kostenlose Open-Source-Software, die jeder einfach herunterladen kann. In meinem Praktikum habe ich mit QGIS gearbeitet. Open Source bedeutet übrigens, dass der Programmcode, mit dem eine Software entwickelt wurde, offen ist und dass jeder, der Fähigkeiten und Interesse hat, durch Programmierung oder auch in anderer Form an der Weiterentwicklung des Programms mitwirken kann.

Hier ist ein Screenshot eines Projekts, das ich beim Praktikum mit QGIS bearbeitet habe.

Bearbeitung von Fußwege-Daten in Barmbek-Nord/Winterhude (Alter Güterbahnhof) mit dem Programm QGIS (Hintergrundkarte: © OpenStreetMap-Mitwirkende)

Aber natürlich gibt es noch viel mehr Programme, um mit digitalen Geodaten zu arbeiten.

Thema Fußverkehr und Fußwege

Das Thema meines Praktikums war Fußverkehr, speziell die Qualität von Fußwegen: Wie breit sind Fußwege? Kann man sie gut nutzen? Kann man die Straßen gut überqueren? Sind sie auch für Menschen zum Beispiel mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen gut nutzbar?

Zufußgehen als Teil der Verkehrswende und Barrierefreiheit

Verkehrswende bedeutet unter anderem, die Mobilität so umzugestalten, dass die nachhaltigen Verkehrsmodi Zufußgehen, Radfahren, öffentliche Verkehrsmittel) das Rückgrat des Verkehrs bilden und nicht mehr das Auto.

Ein weiteres wichtiges Thema ist Barrierefreiheit. Um den Bus und Bahn barrierefrei zu machen, müssen die Infos an den Bushaltestellen und Bahnhöfen gut zu sehen, hören, lesen sein. Natürlich müssen die Stationen auch barrierefrei ausgebaut sein. Auch die Fußwege sollen barrierefrei werden. Es soll viel Platz geben für Menschen mit Rollerstühlen, die barrierefrei sein müssen und sauber gehalten werden sollen. Die Polizei soll überprüfen, dass keine E-Roller, Fahrräder oder Autos im Weg stehen. Der Radweg soll besonders breit sein, damit auch Dreiräder Platz haben. Zu allerletzt soll es Zebrastreifen und Ampeln an den Radwegen geben, damit Fußgänger sicherer auf die andere Seite gehen können.

Recherchen zu Fußverkehrskonzepten geplanter neuer Quartiere

Ich habe Recherchen zu den Mobilitätskonzepten von Mitte Altona, Oberbillwerder, Kleiner Grasbrook und Bahrenfeld-Nord gemacht. Das sind neu geplante Stadtteile und ich habe geschaut, was dort für Fußgänger vorgesehen ist.

Bestandsaufnahme vor Ort

Bestandsaufnahme heißt, dass man vor Ort die Dinge untersucht, die einen interessieren und die wichtigen Informationen aufzeichnet oder aufschreibt. Man kann Skizzen machen, Dinge in Karten eintragen, Notizen aufschreiben – das alles auf Papier oder digital mit einem Handy oder Tablet. Ich habe es auf Papier gemacht. Auch Fotos sind wichtig.

Bevor ich mich auf den Weg machen konnte, musste ich bestimmte Gegenstände mitnehmen wie ein Handy, eine ausgedruckte Karte, Stifte, Papier für Notizen und eine Unterlage. Ich habe mir die Fußwege in zwei Quartieren angeschaut: Zuerst im Quartier um die Straße, in der ich wohne, also zwischen Rübenkamp, Alte Wöhr, Fuhlsbüttler Straße („Fuhle“) und U3-Bahnhdamm, dann auch im Quartier Alter Güterbahnhof westlich der S-Bahn-Linie.

Im Folgenden sieht man die beiden Quartierskarten, die Johannes und ich für die Bestandsaufnahme vorbereitet haben.

Karte für die Bestandsaufnahme im Quartier Emil-Janßen-Straße (Kartendaten: © OpenStreetMap-Mitwirkende)
Karte für die Bestandsaufnahme im Quartier Alter Güterbahnhof (Kartendaten: © OpenStreetMap-Mitwirkende)

Quartier Emil-Janßen-Straße

Hier meine eigenen Notizen, illustriert mit ein paar passenden Bildern.

  • Es gab insgesamt zwei verschiedene Bordstein/Bordsteinarten im ganzen Quartier.
  • Fußwege in den Nebenstraßen sind meistens schmal, verdreckt, alt (Bordsteine) und uneben.
  • Die Fußwege in den Nebenstraßen sind zudem schmal, weil neben Platz für Parkplätze, Gebäude, Grün (Bäume) und manchmal Fahrradwege nicht ausreichend Raum für einen breiten Fußweg bleibt.
Links ist ein Wohngebäude direkt neben dem Fußweg, rechts ist ein Parkplatz und um dem
viel Platz zu geben wurde der Fußweg schmaler gemacht.
Links ist der Fahrradweg und rechts sind Gräser. Das bedeutet der, dass der Bürgersteig in eine schmalen Fußweg, Fahrradweg und schmalen Grünstreifen aufgeteilt ist
  • Wo mehr Verkehr herrscht da sind die Wege breiter und sauberer. Keine Kaugummis liegen auf dem Boden.
Dies ist eine größere Straße im Quartier. Man erkennt, dass der Gehweg hier viel breiter und ordentlicher ist als in den Nebenstraßen. Alle Bordsteine in diesem Bereich sind ausreichend abgesenkt.
  • In den Hauptstraßen sind auch viele Fußgänger, weil es „sicherer“ ist durch viele Menschen. und Nachts ist es ausreichend hell wegen der Straßenlaternen. Die vielen Menschen schenken der Straße bzw. dem Straßenbereich Aufmerksamkeit, dadurch wird hier auch mehr darauf geachtet, dass die Wege sauber und barrierefrei sind.
Viel Platz, sauber und Bordsteine sind abgesenkt. Bonus: Leitstreifen neben dem Fußweg für Sehbehinderte, damit sie wissen, dass es ein Fahrradweg ist.
  • In den Nebenstraßen gibt es keine Ampeln, aber dafür Poller. An den Kreuzungen dieser Art ist meistens eine Überquerung der Straßen möglich. Hier sieht man, dass die Bordsteine an den Kreuzungen abgesenkt sind, aber oft nicht ausreichend, um wirklich barrierefrei zu sein. Außerdem fehlen im Quartier an den meisten Kreuzungen noch Leitstreifen für Sehbehinderte.
  • Am Ende des Fußweg wird der Bordstein noch mehr senken, damit Menschen mit Rollers es leichter haben zu überqueren.
Es sieht unklar aus, aber die Bordsteine senkte noch mehr ab, damit es alle leichter haben zu überqueren.
  • Nicht viel Verkehrslärm, aber in der Nacht zu dunkel und zu unbelebt, weil nicht viele Menschen unterwegs sind oder keine Autos fahren. Außerdem sind die Fußwege hier nicht ausreichend beleuchtet.
  • Leitstreifen gibt es derzeit im Quartier nur dort, wo viel Verkehr ist und die Bürgersteige schon modernisiert wurden. In den Nebenstraßen sind die Bordsteine dort, wo die Fahrbahn überquert werden soll, zumindest meistens ausreichend abgesenkt.
  • Fahrräder stehen oft im Weg. Da es zu wenige Fahrradständer gibt, werden sie an Stellen angeschlossen, wo es eigentlich nicht vorgesehen ist.
  • Außerdem stehen sehr viele E-Scooter im Weg, was den Fußweg noch schmaler macht. Natürlich kann man die Roller aus dem Wegstellen, aber keiner freut sich bestimmt so was zu machen. Und viele Menschen können es auch nicht.
  • Meine Meinung: Ich empfehle Menschen mit Rollstühlen, nicht in dieses Viertel zu ziehen, da es nicht sehr barrierefrei ist. Das Viertel ist schon sehr alt und zur Zeit seiner Entstehung gab es noch nicht die Vision von barrierefreien Stadtteilen. Davon abgesehen ist es aber ein ruhiger und schöner Bereich, wo man friedlich leben/wohnen kann.

Quartier Alter Güterbahnhof

  • Es ist sehr ordentlich! Keine Kaugummis und alle Pflastersteine sehen immer noch aus wie neu. Außerdem ist der Fußweg wirklich breit, so dass drei Menschen, zwei Erwachsene und ein Kind, nebeneinander gehen können.
Ein Bild, auf dem man ungefähr sehen kann. wie breit der Fußweg ist. Wie man sieht, es ist sauber und breit. Es gibt auch einen Abstand zwischen dem Parkplatz und dem Fußweg
  • Autos und Fahrräder schränken den Platz von den Fußwegen nicht ein, deswegen sind Fußwege so breit.
  • Es gibt einen Spielplatz neben den Wohnungen, für die Kinder.
  • Die Zufahrtswege zu den Wohnungen sind auch sehr breit, weil sie auch für die Feuerwehr nutzbar sein müssen. Es stehen wenig Autos in den Straßen und Zufahrtswegen, da es Tiefgaragen gibt
Das ist der Einfahrtweg für die Autos. Da kann man auch einfach drauf spazieren gehen, wobei hier trotzdem einige Autos fahren.
  • In den Nebenstraßen gibt es teilweise auch ein Leitstreifen für Sehbehinderte.
Einige Bordsteine sind abgesenkt ohne Leitstreifen. Somit ist es für Sehbehinderte nicht optimal, aber für Menschen mit Rollstühlen gut benutzbar.
  • Meine Meinung: Ich würde das empfehlen, besonders für Menschen mit Rollstühlen, da es sehr barrierefrei ist. Außerdem ist es gut für Menschen, die gerne nahe dem Grünen wohnen. Es gibt breite, schöne und saubere Fußwege wo man schön spazieren kann oder einfach die Welt beobachten kann. So was ist immer schön. Oder man kann am See picknicken. Das Quartier Alter Güterbahnhof ist ein aktiver Bereich, wo man viele Möglichkeiten hat etwas draußen zu tun.
  • Da es ein recht neues Quartier ist, wurden viele Dinge berücksichtigt, um es barrierefrei zu machen. Außerdem wurden Spielplätze für die Kinder geschaffen. Es ist ein gut geplantes Quartier, in dem man schön leben/wohnen und Spaß haben kann.

Digitale Bestandsaufnahme

Alles, was ich auf Papier gemacht habe, kann man auch digital machen. Eine gute Lösung dafür ist die App QField. Dafür erstellt man Formulare in QGIS und verknüpft diese mit der App, so dass man vor Ort die Dinge (Punkte, Linien oder Flächen) in die Karte eintragen kann und die weiteren Textinformationen in das vorbereitete Formular. Dann hat man alles gleich digital und kann es am Computer mit QGIS bearbeiten. Leider hat das zeitlich nicht geklappt, da auch Johannes sich hier vertieft hätte einarbeiten müssen.

Als Alternative habe ich ein paar Tests mit der App Glympse gemacht. Damit kann man den Weg, den man läuft, oder bestimmte Punkte aufzeichnen und das Ergebnis in das GIS-Programm, zum Beispiel QGIS, laden.

So sieht es aus, wenn man seinen Weg in Glympse eingetragen hat

Geodaten verarbeiten und analysieren

Ich habe dann einige meiner Aufzeichnungen zu den Fußwegen in QGIS eingetragen. Dafür haben wir eine so genante Vektorebene für Linien erstellt und bearbeitbar gemacht. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass man für jede Linie einen Titel und eine Beschreibung einfügen kann. So konnte ich die Linien zeichnen und dann die wichtigen Informationen aus meinen Notizen eintragen.

Hier sieht man, wie es bei der Bearbeitung in QGIS aussieht.

Bearbeitung von Objekten in QGIS (Hintergrundkarte: © OpenStreetMap-Mitwirkende)

Wenn alle Geodaten direkt digital eingetragen werden (digitale Bestandsaufnahme), ist dieser Schritt sehr viel einfacher.

Wir haben eine interaktive Karte mit dem Werkzeug uMap erstellt, wo wir meine Fußwegdaten aus QGIS und ein paar Geschäfte in der Fuhle aus OpenStreetMap hochgeladen haben: Waris Barmbek-Nord-Karte.

Das Projekt OpenStreetMap

Das Projekt OpenStreetMap wurde 2004 in Großbritannien gegründet und ist eine digitale Weltkarte, an der jeder mitarbeiten kann. Man kann die Karte ähnlich wie Google Maps zum Beispiel auf dem Handy nutzen, aber man kann sie eben auch selber bearbeiten, wenn man Fehler entdeckt oder Dinge, die neu sind oder sich verändert haben.

Die Karte hat heute zum Beispiel in Europa schon eine so gute Qualität, dass sie auch für offizielle Zwecke verwendet wird. Auch der HVV nutzt die Karte als Hintergrunddaten für die digitalen Routenpläne und zur Berechnung der Fußwege zu und von den Haltestellen.

Man kann sich ein Benutzerkonto erstellen. Das habe ich gemacht und dann die Karte in Barmbek bearbeitet. Wenn man nicht selber Dinge eintragen möchte oder einem allgemein in der Karte etwas auffällt, kann man auch Anmerkungen zu bestimmten Orten in die Karte eintragen. Wir haben eine Notiz mit einer Frage zu den Seitenstraßen des Quartiers Alter Güterbahnhof eingetragen und eine Antwort erhalten.

OpenStreetMap-Karte bearbeiten

Johannes hat mir die Geodaten meines Quartiers als OpenStreetMap-Datei heruntergeladen und die Daten im Programm JOSM geladen. Mithilfe des Programms konnte ich fehlende Informationen hinzufügen oder selber Wohnungen, die neu gebaut wurden und noch nicht auf der Karte waren, ergänzen. Außerdem habe ich Adressdaten für Gebäude und Geschäfte, zum Beispiel in der Fuhle, komplettiert.

In dem Screenshot ist zu sehen, wie es bei der Bearbeitung in JOSM aussieht.

Bearbeitung von OpenStreetMap-Daten für Barmbek-Nord in JOSM (Kartendaten: © OpenStreetMap-Mitwirkende; Luftbild: © Freie und Hansestadt Hamburg – Landesamt für Geoinformation und Vermessung)

Für Punkte, Linien oder Relationen (mehrere zusammengehörige Punkte und/oder Linien) kann man Informationen ergänzen, die bei OSM „Tags“ heißen. Sie setzen sich aus einer Bezeichnung (Schlüssel) und einem Wert zusammen, zum Beispiel addr:housenumber=181.

Die kompletten eingetragenen Tags (Attribute, also Schlüssel und Wert) für das Restaurant „Kleines Glück“ in der Fuhle

Am Ende habe ich alles hochgeladen und nun kann man meinen alle Änderungen, die ich gemeinsam hochgeladen habe, als so genannten Änderungssatz auch bei OpenStreetMap sehen.

Textredaktion für den Stadtkreation-Blog

Am Ende des Praktikums hatte ich noch die Aufgabe, einem von Johannes verfassten Artikel in seinem Blog zu Geoinformatik, Stadtplanung und Mobilität zu korrigieren und habe dabei einige Unklarheiten und Rechtschreibfehler gefunden. Der Artikel ist der Bericht zur Messe INTERGEO 2023 in Berlin, die Johannes während meines Praktikums besucht hat. Es handelt sich um eine der großen Messen der Geo-Branche. Hier geht es zu dem Artikel, den wir nach meinen Korrekturen veröffentlicht haben.

Von der INTERGEO 2023 in Berlin brachte Johannes passende Aufkleber mit