Die GI_Salzburg22 fand vom 5. bis zum 7. Juli 2022 im Gebäude der Naturwissenschaftlichen Fakultät im Süden Salzburgs statt. Das Format der Konferenz, die bislang den Namen AGIT trug (so wie das zugehörige AGIT Journal auch weiterhin heißen wird), wurde grundlegend überarbeitet, unter anderem hin zu kürzeren und weniger parallelen Sessions. Es war eine aus meiner Sicht rundum gelungene Veranstaltung und – wie ich ganz ehrlich sagen muss – die erste GIS-Konferenz, an der ich teilgenommen habe (außer der naheliegender Weise sehr OpenStreetMap-fixierten State of the Map EU 2014 in Karlsruhe, zu der ich seinerzeit mit einem Kollegen zu einem Vortrag eingeladen war). Geoinformatik spielte bisher in meinem beruflichen Schaffen nur in einzelnen Projekten und relativ oberflächlich eine Rolle. Erst jetzt mit meinem UNIGIS-Masterstudium in Salzburg rückt das Thema bei mir in den absoluten professionellen Fokus. Daher werde ich ab jetzt mit Sicherheit nach der positiven Erfahrung aus Salzburg bei jeder Menge Konferenzen im GIS-Bereich dabei sein – zum Beispiel auch auf der FOSSGIS-Konferenz im März 2023 in Berlin-Adlershof.
Insgesamt gab es gerade für mich sehr viel Neues in unterschiedlichsten Themenbereichen. Die Dinge, die in der GIS-Welt tatsächlich ganz neu (und teilweise noch sehr „grün hinter den Ohren“) sind kann ich dadurch nicht so gut ausfiltern wie „alte Hasen“ im Geoinformatik-Bereich. Daher werfe ich hier nur kurze Schlaglichter auf einzelne Stichworte, die bei mir hängengeblieben sind – wohlgemerkt vor dem Hintergrund, dass ich mich auf die Sessions zu Mobilitätsthemen fokussiert habe, sofern mehrere Dinge parallel liefen.
OGC API
Für mich sehr neu ist das Thema OGC API (und prompt wurde es direkt nach meinem Kennenlernen des Themas auch in Modul 3 des UNIGIS-Studiums behandelt). Mit Web Map Services (WMS) und Web Feature Services (WFS), den wohl am meisten verwendeten bisherigen Webservices des Open Geospatial Consortiums (OGC), habe ich bei einzelnen Projekten schon gearbeitet, allerdings in sehr einfacher und ungefilterter Form. Mit den OGC APIs, die die bisherigen OGC-Webservices ablösen sollen, wird nun alles auf sehr viel modernere Beine gestellt. Dies geschieht in Form von ressourcenzentrierten APIs, die auf den neuesten Praktiken im Bereich der Webentwicklung aufbauen.
Auf der GI_Salzburg22 wurden die OGC APIs an mehreren Stellen erwähnt. Ich stieß beim Vortrag des Teams von OpenStreetMap Österreich auf das Thema. Am weitesten fortgeschritten ist demnach die Umsetzung der OGC API – Features. Ich bin gespannt auf meinen ersten praktischen Anwendungsfall des Ganzen und zum Beispiel darauf, was sich alles für Filter- und Einstellungsmöglichkeiten über den HTTP-Header ergeben, um aus großen Datensätzen eine gewünschte Untermenge zu extrahieren – und allgemein darauf, was sich mit diesen APIs zukünftig noch für Möglichkeiten ergeben.
GIP: Die nutzungsstreifengenaue Darstellung des österreichischen Verkehrswege-Graphen
Die Graphenintegrations-Plattform (GIP) ist ein großes und aktuelles GIS-Thema in Österreich. Für GIS-bezogene Mobilitätsthemen ist dieser unglaublich detaillierte und multimodale Verkehrsgraph ein sehr großer Gewinn. Auf der GI_Salzburg22 wurde an vielen Stellen deutlich, was sich alles Spannendes hinter einer einzelnen Linie dieses Graphen vesteckt.
Nun fragt man sich: Warum gibt es etwas in der Form in Deutschland noch nicht? Nun gut, die Frage haben sich auch schon andere gestellt, wie dieser Vortrag zum Aufbau eines nationalen Straßenverkehrs-Graphen für Deutschland von Prisma Solutions zeigt, die auch mit einem Stand und als wichtiger Partner auf der Salzburger Konferenz vertreten waren. Der Titel des Vortrags untergräbt allerdings ein wenig, dass GIP ja multimodal und nicht rein straßenverkehrsbezogen ist.
Aus meiner Sicht ist die nutzungsstreifengenaue Darstellung der Straßenquerschnitte ein wesentlicher Pluspunkt der GIP für feinkörnige Untersuchungen von Straßen und Wegen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Teil der Plattform scheint auf jeden Fall lohnenswert. Und die augenscheinlich ja rein attributive und nicht geometrische Abbildung der Nutzungsstreifen in der Datenbank wirft die Frage auf, ob dies nicht auch für das OpenStreetMap-Projekt (OSM) zu einem saubereren Graphen führen würde. Zudem würde Speicherplatz auf Seiten der geometrischen Daten wegfallen – wobei natürlich der zusätzliche Speicherbedarf auf attributiver Seite nicht zu vernachlässigen ist. Wegen der teilweise willkürlichen Darstellung von großen Straßen als einzelne Linie oder als zwei parallele Linien sind einige straßennetzbezogene GIS-Aufgaben mit OSM-Daten nur sehr umständlich zu lösen. Eine Aufteilung z.B. in Richtungsfahrbahnen nur über Attribute würde hier zu mehr Sauberkeit führen. Zu untersuchen ist, ob es mit den gängigen Rendering-Methoden dann noch möglich ist, eine graphische Darstellung zu erzeugen, die der bisherigen in nichts nachsteht. Sonderfälle wie zum Beispiel die A 8 zwischen Stuttgart und Ulm sind natürlich zu berücksichtigen.
UNIGIS-Forum
Für Geoinformatik-Studierende im UNIGIS-Programm und Studieninteressierte ist das UNIGIS-Forum, bei dem ein Einblick in den Studiengang gewährt wird und zum Beispiel aktuelle Abschlussarbeiten und Promotionsvorhaben präsentiert werden, ein lohnenswertes Format. Diesmal stellte Markus Wall seine Arbeit zum Thema „Digitaler Industrie Campus“ vor – eine beeindruckende Modellierung auf GIS-Basis des voestalpine-Geländes in Linz. Marius Walzinger konnte seine Arbeit „Übertragung etablierter Standortbewertungsverfahren auf den Erdmond zur Beurteilung möglicher Landungs- und Siedlungsgebiete“ leider nicht persönlich vorstellen. Für mich thematisch am interessantesten war Sandra Roths Vorstellung ihrer Masterarbeit „Konnektivität der Radwegenetze und Radverkehrsanteil in deutschen Mittelstädten“, deren Essenzen sie für die Konferenz auch in Form eines Papers eingereicht (hier der Beitrag im AGIT Journal) – und damit prompt den Preis für das beste für die GI_Salzburg22 eingereichte Paper bekam. Herzlichen Glückwunsch! Unabhängig von meinem Geoinformatik-Studium und eher mit planerischer Ausrichtung hatte ich 2015 vor, zu einem ganz ähnlichen Thema zum Radverkehr in Mittelstädten zu arbeiten. So ergab sich also ein spannender Austausch mit Sandra zu dem Thema und zum UNIGIS-Studium allgemein.
Und Austausch ist auch ein gutes Stichwort zum Abschluss dieses Beitrags, denn was von so einer Konferenz beonders positiv in Erinnerung bleibt sind die vielfältigen Gespräche mit unterschiedlichsten Experten des Fachgebiets, die abgesehen vom Fachlichen auch auf menschlicher Ebene einen großen Wert haben. Das alles vor dem Hintergrund, dass die Konferenz ja während der vorherigen beiden Jahre nur digital stattfinden konnte. Wie schön, dass es diesmal wieder eine Vor-Ort-Veranstaltung war. Hoffen wird, dass das so bleibt!
Sehr interessanter Beitrag über Webgis – Vielen Dank.